Daten einer nationalen Studie des deutschen Bundesministeriums für Ernährung decken auf:
75 % der Frauen und 68 % der Männer Deutschlands nehmen zu wenige Ballaststoffe zu sich. Der mögliche Grund: die meisten wissen gar nicht, wie wichtig Ballaststoffe eigentlich sind. Ballaststoffe sind Nahrungsbestandteile, die nicht verdaut werden können und nahezu unverändert wieder ausgeschieden werden. Für den menschlichen Körper sind sie jedoch alles andere als Ballast. Ihnen wird eine vorbeugende Wirkung gegenüber Übergewicht, erhöhten Blutfettwerten, Bluthochdruck und der koronaren Herzkrankheit (KHK) zugeschrieben. Trotzdem nehmen wir weniger als die empfohlene Tagesmenge dieser nützlichen Helfer zu uns. Wie wertvoll Ballaststoffe für unsere Gesundheit sind und was man beim Verzehr von Ballaststoffen beachten muss erfährt ihr heute hier.
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Bei den Stoffen aus meist pflanzlichen Lebensmitteln handelt es sich schlichtweg um Kohlenhydrate, die vereinfacht in wasserlösliche oder nicht-wasserlösliche Ballaststoffe unterteilt werden können. Wasserunlösliche Ballaststoffe und Faserstoffe wie Cellulose (Hauptbestandteil pflanzlicher Zellen) oder Lignin (pflanzliches Stützmaterial) werden im Darm kaum in ihrer Struktur verändert und unverdaut wieder ausgeschieden. Sie finden sich hauptsächlich in der Kleie (Reste der Getreideschalen) unterschiedlicher Getreidearten wie Weizen, Hafer, Gerste, aber auch Soja. Sie sind auch in den äußeren Schichten von Obst, Gemüse und Samen bzw. Nüssen enthalten. Unlösliche Ballaststoffe können in Verbindung mit Wasser nur geringfügig quellen, tragen jedoch trotzdem zur Erhöhung des Stuhlvolumens sowie zur Anregung der Darmperistaltik (Darmbewegung) bei. Auch dem Mikrobiom des Darms kommen diese Stoffe zugute, denn sie senken den pH-Wert des Darm-Milieus und fördern dadurch das Wachstum „guter“ Darmbakterien. Sie sind besonders bei der Therapie von Obstipation (Verstopfung) und in Verbindung mit dem Reizdarmsyndrom heilsam.
Wasserlösliche Ballaststoffe sind beispielsweise Pektin und Inulin, welche in den meisten Obstsorten, aber auch in Hafer, Gerste oder Hülsenfrüchten zu finden sind. Sie ziehen Wasser an und quellen dadurch auf, weshalb sie auch als Quellstoffe bezeichnet werden. Auch sie erhöhen das Darmvolumen und steigern dadurch die Bewegungen des Darms. Zudem können diese Stoffe im Dickdarm von den dort ansässigen Bakterien der Darmflora teilweise zu Gasen und Fettsäuren umgewandelt werden. Hierbei spricht man auch von Fermentation. Dieser Vorgang wird mit der Regulation des Blutzuckerspiegels, der Verringerung von Entzündungen und der Reduktion des Risikos für einen Herzinfarkt oder Diabetes in Verbindung gebracht.
Zu den Ballaststoffen gehören außerdem die resistente Stärke sowie Oligosaccharide, wovon wir bereits im Artikel zu komplexen Kohlenhydraten berichtet haben. Die sogenannte resistente Stärke aus Reis, Hülsenfrüchten und Kartoffeln kann von den Verdauungsenzymen des Menschen genauso nicht gespalten und verdaut werden und gleicht in ihrer Funktion den wasserlöslichen Ballaststoffen. Oligosaccharide sind Kohlenhydrate, die aus mehreren zusammengesetzten Einfachzucker-Molekülen bestehen. Bifido- und Milchsäurebakterien der Darmflora werden durch sie gefördert. Als Präbiotika haben diese Ballaststoffe einen positiven Einfluss auf die Bakterienzusammensetzung unseres Verdauungstraktes. Sie sind besonders in Pflanzen wie Rüben, Chicorée, Knoblauch, Spargel, Zwiebeln oder Sojabohnen enthalten.
Im Gegensatz zu anderen Tieren wie Wiederkäuern (z.B. Rinder, Schafe, Ziegen) ist der menschliche Darm nicht in der Lage, Ballaststoffe zu verdauen, da ihm ein gewisses Enzym fehlt. Doch auch wenn oder gerade weil Ballaststoffe selbst nicht verdaut werden können, können sie im Darm ihre positiven Wirkungen entfalten.
Ballaststoffe steigern das Volumen des Speisebreis im Darm und regen dadurch die Darmtätigkeit an. Der Darminhalt wird schneller weitertransportiert und die Zeit, bis Verdauungsreste ausgeschieden werden, wird verkürzt. Eine zu langsame Verdauung kann die Entstehung von sogenannten Divertikeln (Ausstülpungen der Darmwand) verursachen und Entzündungen begünstigen. Die beschleunigte Darmentleerung nach ballaststoffreicher Kost verhindert diese Ausstülpungen.
Ballaststoffe sind das Futter für „gute“ Bakterien unseres Darms. Laut Studien beeinflusst die Zusammensetzung der Darmflora nämlich nicht nur unsere Stimmung, sondern auch unser Immunsystem positiv. Wasserunlösliche Ballaststoffe sorgen für einen stabil sauren pH-Wert im Darm, während wasserlösliche Ballaststoffe „guten“ Darmbakterien als Nahrung dienen und deren Wachstum fördern. Die Anwesenheit guter Darmbakterien dämmt eine Überwucherung des Darms mit „schlechten“ Darmbakterien ein und sorgt somit für ein optimales Verdauungsmilieu.
2005 zeigte eine europaweite Studie unter der Leitung der internationalen Behörde für Krebsforschung, dass Ballaststoffe die Krebsprävention unterstützen. In dieser Studie wurde das Essverhalten von über 500.000 Europäern untersucht. Eine Aufnahme von durchschnittlich 30 bis 35 g Ballaststoffen verringerte das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken um 25 % im Vergleich zu jenen Probanden, die nur 15 g Ballaststoffe zu sich nahmen.
Die durch Ballaststoffe ausgelöste beschleunigte Darmpassage führt dazu, dass krebsauslösende Stoffe im Nahrungsbrei für eine kürzere Zeit mit der Darmschleimhaut in Berührung kommen und schneller wieder ausgeschieden werden. Viele Schad- und Giftstoffe wie Schwermetalle und Pestizide können außerdem durch Ballaststoffe gebunden und unschädlich gemacht werden.
Wasserlösliche Ballaststoffe aus Obst, Getreide und Hülsenfrüchten binden die zur Fettverdauung wichtigen Gallensäuren. Gallensäuren werden in der Leber gebildet, in der Gallenblase gespeichert und bei fettreicher Nahrung in den Darm ausgeschüttet. Gallensäuren werden normalerweise „recycelt“, um Ressourcen zu sparen. Je ballaststoffreicher die Nahrung, desto höher ist die Gallensäurenausscheidung über den Darm, und desto mehr Gallensäuren müssen nachgebildet werden. Damit neue Gallensäuren gebildet werden können benötigt der Körper Cholesterin aus dem Blutkreislauf. Die Folge: der Gehalt an schädlichem Cholesterin (LDL) im Blut sinkt. Die kurzkettigen Fettsäuren, die bei der Verarbeitung von wasserlöslichen Ballaststoffen entstehen, verhindern zusätzlich die Produktion von LDL-Cholesterin in der Leber. Die Blutgefäße werden vor Fettablagerungen geschützt und verengen sich nicht so leicht – das Risiko für Gefäßerkrankungen wird deutlich reduziert. Das bestätigte auch eine Studie der Universität Marseille in Frankreich. Die Forscher analysierten über mehrere Jahre das Ernährungsverhalten von über 12.000 Probanden. Das Ergebnis: Die Aufnahme von mindestens 30 g Ballaststoffen täglich senkte das Risiko für Erkrankungen der Herzkranzgefäße um 34 %. Auch das Herzinfarktrisiko sank um 27 %.
Aufgrund ihres hohen Gehalts an Faserstoffen muss ballaststoffreiche Nahrung länger gekaut werden. Das Sättigungsgefühl wird besser wahrgenommen und auch die Portion als größer empfunden, selbst wenn der Kaloriengehalt verhältnismäßig geringer ist.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für die Zufuhr von Ballaststoffen den Richtwert von mindestens 30 g pro Tag. Andere Quellen sehen sogar bis zu 40 g vor. Eine ausreichende Versorgung mit Ballaststoffen wird jedoch nicht nur durch das reine Hinzufügen von Kleieflocken zu Joghurt erzielt. Isolierte Ballaststoffe alleine können die Komplexwirkung hochwertiger Nahrungsmittel nicht ersetzen! Die positive Wirkung von Ballaststoffen wird vor allem durch die Nährstoffzusammensetzung in ballaststoffreichen Lebensmitteln – also ganzen Früchten, Gemüse und Hülsenfrüchten – erreicht. Zusätzlich ist eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme von zumindest 1,5 bis 2 Litern pro Tag nötig, damit die Ballaststoffe im Magen-Darm-Trakt auch aufquellen und ihre positive Wirkung entfalten können.
Besonders ballaststoffreiche Lebensmittel sind:
Eine zu geringe Aufnahme von Ballaststoffen gilt als Hauptursache für Verstopfungen, woran rund 30 % aller Deutschen leiden. Auch wenn die meisten Menschen von einer ballaststoffreichen Ernährung profitieren, gibt es jedoch auch einige, die eine ballaststoffreiche Kost nicht gut vertragen. Magenschmerzen, Blähungen und Bauchkrämpfe können besonders in der Anfangsphase einer Ernährungsumstellung viele dazu bewegen, wieder von einer ballaststoffreichen Kost abzusehen.
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