Zucker ist schlecht für die Zähne, das Hautbild und macht langfristig dick und krank?! Zumindest Teile dieser Behauptungen hat wahrscheinlich Jede:r schon in der Kindheit zu Ohren bekommen, wenn aus Sicht der Eltern mal wieder zu viel Zucker in Form von Schokolade, Eis oder Fruchtgummi gegessen wurde.
Doch ist Zucker wirklich so ungesund und Ursache allen Übels, wie häufig medial dargestellt wird? Wie viel Zucker ist noch unbedenklich und gibt es gute Alternativen zum herkömmlichen Haushaltzucker?
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Aus biochemischer Sicht ist Zucker ein Sammelbegriff für verschiedenste Kohlenhydrate, also Stoffe, die aus den Elementen Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff aufgebaut sind. Weiter lassen sich diese unterteilen in Einfachzucker (Monomere) und Mehrfachzucker (Polymere), letztere sind aus mehreren gleichen oder verschiedenen Einfachzuckern aufgebaut.
Bekannte Einfachzucker sind die Fruktose (Fruchtzucker) und die Glucose (Traubenzucker). Was umgangssprachlich gemeint wird, wenn von Zucker die Rede ist, ist die sogenannte Saccharose, ein Zweifachzucker, aufgebaut aus einem Molekül Traubenzucker und einem Molekül Fruchtzucker. Im Darm wird die Saccharose durch ein bestimmtes Enzym, die Saccharase in Glucose und Fruktose zerlegt. Saccharose schmeckt süß und ist in fast allen verarbeiteten Lebensmitteln in teils extrem hohen Mengen vorzufinden. Sie wird aber auch häufig zum Backen oder zum Süßen von Getränken oder Speisen im Haushalt verwendet. Im weiteren Artikel werden wir einfachheitshalber von „Zucker“ reden, wenn Saccharose gemeint ist.
Nein, dies lässt sich nicht generalisiert behaupten. Wie in vielen Fällen macht auch beim Thema Zucker die Dosis das Gift. Zucker gehört zu den Kohlenhydraten, die über 50% der benötigten Energiemenge liefern. Er besitzt wichtige Funktionen als Energielieferant für verschiedenes Gewebe wie Gehirn und Muskulatur. Das Gehirn beispielsweise ist unter Normalbedingungen auf Glucose, die zum Beispiel aus dem mit der Nahrung zugeführten Zucker stammen kann, angewiesen. Allerdings ist der Körper über einen bestimmten Stoffwechselweg, die sogenannte Gluconeogenese, in der Lage, selbst Glucose aus anderen Substraten herzustellen, man ist also nicht auf den mit der Nahrung zugeführten Zucker angewiesen.
Problematisch wird es, wenn dauerhaft zu viel Zucker konsumiert wird.
Nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit kommt es zu einem starken Anstieg des Blutzuckerspiegels. Dies führt zu einer schnellen Ausschüttung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse ins Blut. Insulin hat eine Vielzahl von Auswirkungen auf die verschiedenen Gewebearten des Körpers, die allesamt zu einer Senkung des Blutzuckerspiegels führen.
Da die Aufspaltung des Zuckers im Darm und seine Aufnahme vom Blut aus in die Gewebe relativ schnell erfolgt und mit einer starken Insulinfreisetzung einhergeht, kommt es nach dem rasanten Anstieg des Blutzuckerspiegels zu einem ebenso schnellen Abfall. Dieser wiederum kann zu weiterem Heißhunger auf Süßes führen, was zum erneuten Genuss zuckerreicher Speisen oder Getränke verleiten kann. Insulin führt nicht nur zu einer Senkung des Blutzuckerspiegels: Es hemmt darüber hinaus auch den Fettabbau und stimuliert die Speicherung von Fett (sogenannte lipogene Wirkung).
Wer häufig und in großen Mengen zuckerreiche Mahlzeiten isst, der hat also aufgrund der beiden soeben beschriebenen Effekte ein hohes Risiko an Fettgewebe zuzunehmen, da der durch den schwankenden Blutzuckerspiegel ausgelöste Heißhunger leicht zu einer zu hohen Kalorienaufnahme führt und das freigesetzte Insulin Fettgewebe aufbauen kann. Langfristig kann dies zu Übergewicht führen, was neben dem Bluthochdruck und einer Fettstoffwechselstörung Teil des „metabolischen Syndroms“ ist und neben genetischen Komponenten eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 spielt.
Bekannt ist zudem seit langem, dass Zucker aus der Nahrung bei mangelnder Zahnhygiene zu Karies führt, da bestimmte Bakterienarten im Mundraum aus dem Zucker Säuren herstellen, die die Zähne beschädigen.
Interessant ist auch der Zusammenhang zwischen dem Verzehr von großen Mengen an Zucker und der Entstehung von Krebserkrankungen.Eine 2020 im American Journal of Clinical Nutrition veröffentlichte Studie, die 101.279 erwachsene Teilnehmer von 2009 bis 2019 bezüglich ihrer Zuckerzufuhr und der Entstehung von Krebserkrankungen untersuchte konnte signifikant zeigen, dass Teilnehmer:innen mit der höheren Zuckereinnahme auch ein größeres Risiko hatten, eine Krebserkrankung zu erleiden. Unter den verschiedenen Krebserkrankungen konnte speziell für die Entstehung von Brustkrebs ein erhöhtes Risiko unter den Teilnehmer:innen mit höherem Zuckerkonsum signifikant belegt werden.
Es wird also deutlich: Wer langfristig zu viel Zucker zu sich nimmt, erhöht das Risiko, an Übergewicht, Karies, Stoffwechselstörungen und Diabetes mellitus Typ 2, aber auch an Krebs zu erkranken. Daher ist es besonders wichtig, sich an die Ernährungsempfehlungen bezüglich der täglichen Zuckermenge zu halten.
Die Fachgesellschaften DAG (Deutsche Adipositas Gesellschaft), DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft), und DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) raten dazu, basierend auf den Empfehlungen der WHO von 2015, dass die „Zufuhr freien Zuckers maximal zehn Prozent der Gesamtenergie ausmachen (soll)“.
Bei einem beispielsweise angenommenen Kalorienbedarf eines Erwachsenen von 2000 kcal, entsprächen dem maximal 50 g Zucker täglich. Erschreckend ist die Tatsache, dass in Deutschland diese Grenze stark überschritten wird. So nehmen Frauen im Schnitt rund 40%, Männer 30% und Kinder und Jugendliche unfassbare 75% mehr Zucker zu sich, als empfohlen!
Wer einen bewussteren Umgang mit dem Thema Zuckerkonsum wünscht, sollte sich zunächst über den zugesetzten Zucker verarbeiteter Lebensmittel bewusst werden. Hier kann ein Blick auf die Verpackung helfen, wo der Anteil des Zuckers im Produkt angegeben wird. Man kann gleiche Produkttypen untereinander vergleichen und das Produkt mit dem geringsten Zuckergehalt wählen. Des Weiteren ist es in vielen Fällen vorteilhaft, selbstständig und frisch zu kochen, um jeglichen Zuckerzusatz zu vermeiden.
Zum herkömmlichen Zucker gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Alternativen, die sich jedoch häufig stark in ihren Eigenschaften unterscheiden und daher verschiedene Anwendungsmöglichkeiten bieten. Werfen wir einen Blick auf populäre Alternativen:
–Honig: Honig kann zum Süßen von Getränken, zum Backen und in Salatdressings verwendet werden. Er hat ähnlich viele Kalorien wie herkömmlicher Zucker, kann Karies auslösen und erhöht den Blutzuckerspiegel. Eine wirklich gesündere Alternative stellt er also nicht dar. Zudem ist Honig tierischen Ursprungs und daher nicht für Veganer:innen geeignet.
–Agavendicksaft: Agavendicksaft hat eine höhere Süßkraft wie herkömmlicher Zucker und kann diesen in vielen Fällen ersetzen. Kalorientechnisch schlägt auch Agavendicksaft mit einem ähnlich hohen Gehalt wie Zucker zu Buche und ist ebenso zahnschädigend. Agavendicksaft lässt interessanterweise aufgrund seines niedrigeren glykämischen Indexes den Blutzuckerspiegel etwas langsamer steigen als herkömmlicher Zucker. Problematisch ist an ihm jedoch zum einen der hohe Fruktosegehalt, der in hohen Dosen zu Erkrankungen wie der Fettleber, Gicht und Bluthochdruck führen kann, zum anderen auch die Öko-Bilanz, denn Agavendicksaft wird, anders als beispielsweise Honig, aus Mexiko importiert.
–Süßstoffe: Süßstoffe sind künstlich hergestellte, süß schmeckende Substanzen, die keine, oder kaum Kalorien besitzen und weder zahnschädigend sind, noch den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Beispiele sind Aspartam, Cyclamat und Sucralose. Zum Backen eignen sie sich nur bedingt, da hier durch den fehlenden Zucker ein Teil des Volumens fehlt. Auch wenn die Vorteile der Süßstoffe auf den ersten Blick positiv auffallen, kann an dieser Stelle keine Empfehlung für den Verzehr und die Verwendung dieser ausgesprochen werden, da die Studienlage mit Blick auf Langzeitfolgen und mögliche gesundheitsschädigende Folgen der Süßstoffe bisher zu schlecht ist. Entscheidet man sich für, Süßstoffe, sollte man die vom Bundesinstitut für Risikobewertung ermittelte maximale tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake ADI) nicht überschreiten.
Klick dich durch unseren Blogbeitrag über Süßstoffe, um noch mehr über den Zuckerersatz zu erfahren.
–Erythrit: Erythrit ist ein sogenannter Zuckeralkohol, der durch Fermentation produziert wird und in etwa 70% der Süßkraft des herkömmlichen Zuckers besitzt, d.h. um den gleichen süßenden Effekt wie durch Zucker zu erzielen muss mehr Erythrit verwendet werden. Erythrit wird vom Menschen nicht verstoffwechselt, ist also praktisch kalorienfrei, nicht zahnschädigend und hat keinen Effekt auf den Blutzuckerspiegel.
Bei einer sehr hohen Einnahme kann Erythrit abführend wirken. Obgleich Erythrit eine geeignete Alternative zum Zucker sein kann, muss hier erwähnt werden, dass Erythrit bisher sehr teuer ist. 1kg kostet, je nach Hersteller und Händler, 10,00 – 15,00€. Zum Vergleich: Beim Zucker sind es (Stand 2021) häufig weniger als 1€ pro Kilogramm. Hinzu kommt, dass man bei Erythrit eine noch größere Menge zum Süßen benötigt. Auf Dauer kann es also hohe Kosten verursachen, wenn man sich dafür entscheidet, Zucker 1:1 durch Erythrit zu substituieren.
–Stevia: Die aus der Stevia—Pflanze gewonnenen Steviolglycoside sind, wie auch künstliche Süßstoffe (s.o.) mit gesetzlich festgelegten Höchstmengen in der EU zugelassen. Stevia besitzt an sich keine Kalorien und ist deutlich süßer als herkömmlicher Zucker, allerdings sollte man den etwas bitteren, lakritzartigen Beigeschmack des Produkts mögen.
Obwohl in den letzten Jahren das Image von Stevia als natürliches Süßungsmittel etabliert wurde, muss berücksichtigt werden, dass es sich bei den gewonnenen Steviolglycosiden um ein hochverarbeitetes Produkt handelt, welches aufgrund der langen Transportwege der Stevia-Blätter aus Südamerika eine schlechte Ökobilanz besitzt. Steviolglycoside sind also weder wirklich natürlich, noch umweltfreundlich und besitzen einen bitteren Eigengeschmack.
Text-Quellen:
(1) Charlotte Debras, Eloi Chazelas, Bernard Srour, Emmanuelle Kesse-Guyot, Chantal Julia, Laurent Zelek, Cédric Agaësse, Nathalie Druesne-Pecollo, Pilar Galan, Serge Hercberg, Paule Latino-Martel, Mélanie Deschasaux, Mathilde Touvier: „ Total and added sugar intakes, sugar types, andcancer risk: results from the prospective NutriNet- Santé cohort“; The American Journal of Clinical Nutrition, Volume 112, Issue 5, November 2020, Pages 1267-1278; Veröffentlicht am 16.09.2020
(2) Dr. Martina Melzer „Unterzucker ohne Diabetes: Was steckt dahinter?“; Apotheken-Umschau, Stand: 04.06.2020
(3) Pape, Kurzt, Silbernagl: Physiologie 9. Auflage Kapitel 14.8
(4) Helmut Laschet: „Konsens dreier Fachgesellschaften: So viel Zucker pro Tag darf’s sein“; Ärztezeitung 21.01.2019
(5) Rassow, Hauser, Netzker, Deutzmann: „Duale Reihe Biochemie“; 4. Auflage 2016
(6) Sträter: „Darum ist Agavendicksaft gar nicht so gut“; https://www.quarks.de/ Stand: 18.10.2021
(7) „Stevia – zuckerfreie Süße mit fraglichem natürlichem Image“; https://www.verbraucherzentrale.de/ Stand: 18.10.2021
(8) „Bewertung von Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen“; Bundesinstitut für Risikobewertung; 01.07.2014
(9) „Zucker“; http://www.chemgapedia.de/ ; Stand: 19.10.2021
(10) Lehnert: „ Wie schädlich ist Zucker?“; https://www.quarks.de/ Stand: 18.10.2021
(11) Dr. C. Rempe, Maschkowski, Lobitz: „Zucker Beliebtes Süßungsmittel in vielen Varianten“ https://www.bzfe.de/lebensmittel/lebensmittelkunde/zucker/; Stand: 27.07.2020
(12) „E 968 Erythrit“; https://www.zusatzstoffe-online.de/zusatzstoffe/968-erythrit/ Stand: 19.10.2021