Nachdem sich die Inhalte der letzten Blogartikel mit den populäreren Vertretern der Vitamine beschäftigten, gehen wir nun einen Schritt weiter und betrachten die eher unbekannteren Vitaminvertreter. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist den meisten der Begriff der B-Vitamine bekannt, jedoch wird der Großteil bei der Frage nach Sinn- und Zweckhaftigkeit dieser Gruppe an Grenzen stoßen. Um in diesem Themenbereich von Anfang an den Überblick zu behalten, ist es sinnvoll, sich zunächst die Anzahl der verschiedenen B-Vitamine vor Augen zu führen. Es wird unterschieden zwischen Vitamin B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin), B3 (Niacin), B6 (Pyridoxin) und B12 (Cobalamin).
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch Pantothensäure, Biotin und Folsäure als Vitamin B5, B7 und B9 bezeichnet werden. Dazu mehr in den nächsten Blogartikeln.
Wenig Zeit, doch du möchtest nichts verpassen? Hier findest Du die Funktionen der B-Vitamine auf den Punkt gebracht!
Wie auch das Vitamin C, gehören die B-Vitamine zur Klasse der wasserlöslichen Vitamine. Insofern werden diese Stoffe im Körper bedingt gespeichert und sollten gerade deshalb ausreichend aufgenommen werden. Vorteil dieser Vitaminkategorie ist, dass diese kaum überdosiert werden kann. Laut deutscher Gesellschaft für Ernährung gelten folgende Richtwerte für Erwachsene:
Vitamin B1 findet sich insbesondere in Nüssen, aber auch in Schweinefleisch. Zur Deckung des Vitamin B2 Bedarfs kann sowohl auf tierische als auch auf pflanzliche Quellen wie Milchprodukte, Weizenkeime und Innereien zurückgegriffen werden. Auch Vitamin B3 findet man in Innereien, Fleisch und Fisch. Als gute Quellen für Vitamin B6 gelten Walnüsse, Gemüse und vor allem Erbsen. Im Rahmen der Vitamin B12 Aufnahme ist zu berücksichtigen, dass dieses Vitamin nur in tierischen Produkten, vor allem Milchprodukten und Schweinefleisch, enthalten ist.
Funktionstechnisch agiert Vitamin B1 in seiner aktiven Form als Coenzym* und gestaltet auf diese Weise wichtige biochemische Prozesse mit. In erster Linie sind die zu unterstützenden Enzyme an Prozessen beteiligt, die der Energiegewinnung aus Glukose dienen. Thiamin nimmt eine wichtige Rolle im Rahmen des Gehirnstoffwechsels und der Nervenfunktion ein. Wird Vitamin B1 unterdosiert, kann es zu diversen Mangelerscheinungen kommen. Im frühen Stadium kommt es nicht selten zur pH-Wert Senkung des Blutes aufgrund von zu viel Milchsäure, Neuropathien (Schädigungen peripherer Nerven), Ataxie (Störung der Bewegungskoordination) und Veränderungen der Augen (z. B. Nystagmus*). Hält der Mangel länger an, besteht die Gefahr von Psychosen und Gedächtnisverlusten.
Ist Riboflavin einmal in seine aktive Form transferiert worden, ist es an zahlreichen chemischen Prozessen beteiligt. Aufgrund der weiten Verbreitung von Vitamin B2 im Stoffwechsel, ist eine vollständige Aufzählung der relevanten chemischen Prozesse unmöglich. Hervorzuheben ist allerdings die Funktion von Vitamin B2 im Rahmen der Beta-Oxidation (Fettsäureabbau) und Atmungskette (Prozess der ATP Gewinnung). Neben der wichtigen Funktion im Rahmen einer Vielzahl chemischer Reaktionen tendieren wissenschaftliche Studien zu dem Ergebnis, dass eine Substitution von Vitamin B2 im Rahmen einer Mirgräneprophylaxe von Vorteil sein kann und Häufigkeit und Dauer etwaiger Anfälle reduzieren kann. Die Symptome einer Unterdosierung sind äußerst unspezifisch. Zu möglichen Anzeichen zählen allerdings Mundschleimhautveränderungen, Einrisse des Mundwinkels, Glossitis (Entzündung der Zunge) oder Neuropathien der Hände und Füße.
Als Bestandteil diverser Coenzyme ist auch dieser B-Vitaminvertreter an etlichen chemischen Reaktionen in unserem Körper beteiligt. Demzufolge sind im Rahmen einer Unterversorgung mit Niacin oftmals unspezifische Symptome wie Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit und Schwindel zu beobachten. Ist der Mangel derart ausgeprägt, kann es zum Krankheitsbild von Pellagra kommen. Diese Erkrankung zeichnet sich durch drei Merkmale aus: Dermatitis, Diarrhö und Demenz. Im Rahmen der Forschung hofft man durch Niacin Substitution auf eine therapeutische Wirkung hinsichtlich der Prophylaxe von Glaukomen und altersbedingten Neurodegenerationen.
Noch im Dünndarm selbst wird Vitamin B6 nach der Aufnahme im Gewebe in seine aktive Form gebracht. Vitamin B6 kann in dieser neuen Ausrichtung als Coenzym von über 100 verschiedenen Enzymen an einigen chemischen Stoffwechselwegen beteiligt sein. In erster Linie dreht es sich um Vorgänge des Aminosäure-, Glukose- und Lipidstoffwechsels. Darüber hinaus steht Vitamin B6 jedoch auch Enzymen anderer Prozesse, wie der Synthese wichtiger Bestandteile unserer Erythrozyten, der Schaffung von Kollagen und Neurotransmittern, so wie der DNA-Synthese zur Verfügung. Einmal mehr gilt im Rahmen einer Unterdosierung, dass Symptome sehr unspezifisch aufgrund der vielfältigen Aufgaben von Pyridoxin auftreten. Auffällig sind mithin zentralnervöse Störungen, Depressionen, Infektanfälligkeit, Dermatitis und Glossitis. In der klinischen Forschung geht man derzeit davon aus, dass ein suboptimaler Vitamin B6 Spiegel diverse chronische Erkrankungen mitverursachen oder auch in der Entstehung von Krebs eine Rolle spielen kann.
Cobalamin kann in seinem Funktionsumfang auf zwei Kernaufgaben beschränkt werden. Dieser Vertreter der B-Vitamine ist insbesondere am Abbau von diversen Aminosäuren und bestimmten Fettsäuren beteiligt und spielt eine wesentliche Rolle im Rahmen der Synthese von Methionin (Aminosäure). Bis sich ein Mangel an Cobalamin zeigt, vergeht einige Zeit. Hauptfolge einer Unterversorgung ist die sog. perniziöse Anämie, im Rahmen derer die Erythrozyten vergrößert sind. Ein niedriger Vitamin B12 Spiegel kann einen auf Herzkrankheiten auswirkenden negativen Faktor darstellen.
* Coenzyme sind unterstützende Moleküle, die durch ihr Wirken Enzymreaktionen erleichtern, beschleunigen oder ermöglichen.
* Unter Augen-Nystagmus versteht man unwillkürliche Bewegungen des Augenbulbus.
Text-Quellen:
(2) Frank, Thiamin in Clinical Practice, 2015
(3) Brandenburger und Königshoff, Biochemie, 4. Auflage, 2018
(4) Williams et al., Vitamin B 3 modulates mitochondrial vulnerability and prevents glaucoma in aged mice, 2017
(5) Namazi et al., Supplementation with Riboflavin (Vitamin B2) for Migraine Prophylaxis in Adults and Children: A Review, 2015
(6) Herdegen, Pharmakologie und Toxikologie, 4. Auflage, 2019
(7) Spinneker et al., Vitamin B6 status, deficiency and its consequences–an overview, 2007
(8) Romain et al., The role of Vitamin B12 in the critically ill–a review, 2017
Bild-Quellen: