Schätzungsweise existieren 60.000 bis 100.000 sekundäre Pflanzenstoffe. Um sich durch den Dschungel dieser Stoffe zu kämpfen, ist ein strukturiertes Grundgerüst von Vorteil. Bisher wurde jedoch nur ein kleiner Teil der sekundären Pflanzenstoffe analysiert, weshalb wir mit euch zunächst die Grundsystematik der sekundären Pflanzenstoffe beleuchten werden.
In diesem Zuge sei angemerkt, dass das Wissen über die Pflanzenstoffe innerhalb der letzten Jahre stark zugenommen hat und sich Studien nun immer häufiger mit den Substanzen beschäftigen.
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Sekundäre Pflanzenstoffe werden vom körpereigenen biochemischen Kreislauf nicht in dem Maße verwendet, wie wir es von Inhaltsstoffen der Nahrung kennen. Anders als beispielsweise Proteine, Lipide und Kohlenhydrate, wird diese Art von Stoffen nicht verwertend in den Stoffwechsel eingeführt. Sekundäre Pflanzenstoffe haben jedoch eine beeinflussende Wirkung auf unseren Stoffwechsel. Derzeit geht man dennoch davon aus, dass sekundäre Pflanzenstoffe nicht essenziell für den Körper sind. Bei einer üblichen Mischkost nehmen wir täglich ca. 1,5 Gramm hiervon zu uns.
Geht es um die Aufgabe der sekundären Pflanzenstoffe in den Pflanzen selbst, so dienen diese Stoffe der Abwehr-, Farb-, Duft– und Aromafunktion. Man ordnet die einzelnen Verbindungen in Substanzgruppen ein, welche unterschiedliche chemische Strukturen aufweisen. Unterschieden werden Polyphenole, Carotinoide, Glucosinolate, Monoterpene, Phytoöstrogene, Phytosterine und Sulfide. Auch Proteaseinhibitoren, Phytinsäuren und Saponine werden hinzugezählt.
Zur Gruppe der Polyphenole zählen einige Untergruppen. Polyphenole schützen die Pflanze insbesondere vor Fressfeinden und UV-Strahlung. Diese Stoffklasse findet man in sämtlichen Pflanzen, v. a. in grünen und schwarzen Tees. Polyphenole haben allesamt eine Phenolgrundstruktur, mit bedeutsamen Untergruppen wie Flavonoide, Isoflavonoide und Phenolsäuren.
In der Summe werden Polyphenolen folgende Eigenschaften zugeordnet:
Studien deuten darauf hin, dass Polyphenole zahlreiche Risiken für Krebserkrankungen und Herzkreislaufbeschwerden reduzieren können.
Möchte man Carotinoide weiter unterteilen, stößt man auf ca. 800 verschiedene Stoffe. In erster Linie werden solche Stoffe mit bzw. ohne Sauerstoff unterschieden. Im Rahmen der Carotinoide spricht man auch von Trepenoid-Farbstoffen, welche für die Rot-, Gelb– oder Orangefärbung diverser Pflanzen verantwortlich sind. Ein Überschuss an Energie soll durch diese Stoffe in Wärme transformiert werden, zudem hilft der Farbstoff bei Schutz vor Lichteinstrahlung.
Typische Vertreter der sauerstofffreien Carotinoide sind Carotine wie alpha– und beta-Carotin und Lycopin, welche sich zahlreich in orangenen, roten oder gelben Pflanzen befinden. Sauerstoffhaltige Carotinoide, auch Xantophylle genannt, sind häufig in grünem Blattgemüse vertreten.
Bedeutungstechnisch haben Carotinoide entzündungshemmende, immunmodulierende und antioxidative Wirkungen. Insbesondere bei der Risikoreduktion von altersbedingten Augenerkrankungen weisen Carotinoide einen positiven Effekt auf. Auch bei der Risikosenkung von Herzkreislauferkrankungen spielen sie eine Rolle. Ein positiver Effekt auf die Entstehung von Krebs ist jedoch umstritten.
Auch in der Gruppe der Glucosinolaten finden sich über 120 verschiedene Vertreter. Das Enzym Myrosinase kann Glucosinolate spalten. Man spricht auch vom sog. Glucosinolate-Myrosinase-System der Pflanzen. In erster Linie dienen die Spaltung und die daraus resultierenden Stoffe der Abwehr. Vor allem Rettich, Radieschen und Senf enthalten große Mengen an Glucosinolaten. Neben einer antixodativen und immunmodulierenden Wirkung, deuten Studien daraufhin, dass Glucosinolate eine positive Wirkung auf Krebserkrankungen (vor allem Dickdarm- und Prostatakrebs) haben kann.
Nicht überraschend ist auch, dass unter den Monoterpenen, ein Vertreter der sekundären Pflanzenstoffe, mehr als 700 unterschiedliche Stoffe existieren. Diese Stoffe sind vor allem in ätherischen Ölen und Zitrusölen zu finden, der Pflanze selbst dienen sie als Aroma- und Duftstoffe. Besonders reich an Monoterpenen ist Kümmel, Zitrone oder Minze. Einige Monoterpene können nicht nur lokal aufgetragen anästhetisch wirken, sondern schleimlösende, antikanzerogene und cholesterinsenkende Wirkung entfachen.
Zusätzlich wird eine radikalfangende Eigenschaft der Monoterpene vermutet.
Zur Gruppe der Phytoöstrogene zählen Isoflavonoide, Lignane und Coumestane. In der chemischen Struktur ähneln sie stark den körpereigenen Östrogenen. Insbesondere Sojaprodukte, Leinsamen, Tofu und Vollkornprodukte liefern zahlreich Phytoöstrogene. Insgesamt wird diesen sekundären Pflanzenstoffen eine antikanzerogene und antioxidative Wirkung zugeschrieben. Zudem gibt es Indizien, dass Phytoöstrogene das Herz-Kreislauf-System schützen und bei Frauen gegen Beschwerden während der Wechseljahre helfen.
Es sei angemerkt, dass Östrogene innerhalb unseres Körpers an spezielle Rezeptoren binden. Auch Phytoöstrogene können dies bis zu einem bestimmten Grad, haben aber eine geringere Affinität, an diesen Rezeptoren anzubinden. Die geschaffenen Komplexe aus Phytoöstrogenen und Rezeptoren sind weiterhin nicht sehr stabil. Je nach Konzentration der Phytoöstrogene können diese Stoffe somit als Antiöstrogen oder Östrogenanaloga wirken.
Die vor allem in Sonnenblumenkernen und Sesam vorkommenden Phytosterine weisen eine hohe chemische Ähnlichkeit zu den tierischen Sterinen wie Cholesterin auf. Derzeit sind 44 Phytosterine bekannt. Funktionstechnisch wird ihnen eine cholesterinsenkende Eigenschaft zugeschrieben. Einige Versuche konnten auch zeigen, dass eine antikanzerogene und Herzkreislauf schützende Wirkung möglich ist.
Zur Gruppe der Sulfide werden schwefelhaltige Verbindungen aus Knoblauch und anderen Liliengewächsen wie Zwiebeln gezählt. Der übersichtshalber werden die Verbindungen in wasserlösliche und fettlösliche Vertreter unterteilt. Insbesondere Alliin, das im Knoblauch enthalten ist, ist relativ bekannt und verursacht dessen typischen Geruch.
Sulfide wirken vielfältig positiv auf unseren Körper:
Um sich Proteaseinhibitoren besser vorzustellen, hilft ein Blick auf den chemischen Aufbau. Dabei handelt es sich um Polypeptidketten mit 100 bis 200 Aminosäuren. Zu dieser Gruppe zählen Trypsininhibitoren, Chymotrypsininhibitoren und Bowman-Birk-Proteaseinhibitoren. Ihrer Natur nach kontrollieren die Stoffe die Proteolyse im Rahmen entzündlicher Prozesse. Ausgewählte Proteaseinhibitoren synthetisiert der Körper selbst, doch insbesondere über Sojabohnen, diverse Getreidearten und Nüsse werden auch diese Stoffe von außen zugeführt.
Proteaseinhibitoren wirken nicht nur antikanzerogen, sondern auch antioxidativ und antiinflammatorisch.
Als weit verbreiteter Stoff in Produkten wie Nüsse, Samen, Rosinen und Bohnen wirkt Phytinsäure nicht nur gesundheitsfördernd. Denn Phytinsäure erschwert bedauerlicherweise die Resorption von Calcium, Zink, Eisen und Magnesium. Grund hierfür ist, dass diese Verbindung die aufgezählten Mineralien binden kann. Doch neben dieser negativen Eigenschaft wirkt Phytinsäure auch positiv.
Da Phytinsäure in der Lage ist, Stärke verlangsamt abzubauen, wirkt sich dies förderlich auf den Blutzuckerspiegel aus. Zudem scheint es, dass die Bindung von überschüssige Ionen durch Phytinsäure, Darmkrebs vorbeugen kann.
Allgemein wird eine antioxidative Wirkung der Phytinsäure diskutiert.
Die üblich bitter schmeckenden Saponine dienen Pflanzen zum Schutz vor einem Befall mit Pilzen. Aufgrund der Tatsache, dass diese Stoffe die Schaumbildung in Flüssigkeiten fördern, werden sie gerne in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Beispielsweise wird es Bier zugesetzt, um ein besseres Schaumergebnis zu erzielen. Hülsenfrüchte gelten als besonders reich an Saponinen.
Wirktechnisch unterstützen Saponine den Cholesterinspiegel, indem sie Cholesterin binden und die Ausscheidung der mit Cholesterin versetzten Galle fördern. Des Weiteren wird Saponinen eine antikanzerogene Eigenschaft zugesprochen. In hohen Mengen können derartige Pflanzenstoffe eine Hämolyse verursachen, da sie die Membran der Erythrozyten permeabler machen. Allerdings sind derart hohe Konzentration über die Nahrung quasi nicht erreichbar.
o Befinden sich vor allem in grünem und schwarzem Tee
o Wirken antimikrobiell, antiviral, entzündungshemmend, antithrombotisch, antiallergisch, blutdruckregulierend, antioxidativ und kognitionssteigernd
o Vor allem in roten, gelben und orangen Pflanzen zu finden
o Wirken entzündungshemmend, immunmodulierend und antioxidativ. Zudem haben sie eine gesundheitsfördernde Wirkung auf die Augen
o Findet man vor allem in Radieschen, Rettich und Senf
o Wirken antioxidativ und immunmodulierend. Eine antikanzerogene Wirkung wird diskutiert
o Vor allem in ätherischen Ölen und Zitrusölen enthalten
o Wirken anästhetisch, schleimlösend, antikanzerogen und cholesterinsenkend
o Befinden sich in Sojaprodukten, Leinsamen oder Tofu. Sie ähneln den körpereigenen Östrogenen
o Wirken antikanzerogen, antioxidativ und unter Umständen Herzkreislauf schützend. Auch eine positive Wirkung bei Wechseljahrbeschwerden wurde beobachtet
o Findet man vor allem in Sonnenblumenkerne und Sesam
o Wirken cholesterinsenkend und unter Umständen auch antikanzerogen und Herzkreislauf schützend
o Vor allem in Liliengewächsen wie Zwiebeln enthalten
o Wirken blutdrucksenkend, cholesterinsenkend, antioxidativ, antibiotisch, antithrombotisch, verdauungsfördernd, antikanzerogen und immunmodulierend
o Besonders reichhaltig sind Sojabohnen, diversen Getreidearten und Nüssen
o Wirken antikanzerogen, antioxidativ und antientzündlich
o Findet man vor allem in Nüssen, Samen, Rosinen und Bohnen
o Erschwert die Resorption von u. a. Calcium, Zink, Eisen und Magnesium
o Wirken positiv auf den Blutzuckerspiegel und voraussichtlich antikanzerogen sowie antioxidativ
o Hülsenfrüchten zählen zu den reichhaltigen Quellen
o Wirken positiv auf den Cholesterinspiegel und antikanzerogen
Text-Quellen:
(1) Hillebrand, Analytik von Polyphenolen in Buntsäften im Hinblick auf Saftqualität, Farbe und antioxidative Aktivität, 2004
(2) Stodt, Polyphenole in schwarzem Tee, 2016
(3) Biesalski et al., Taschenatlas Ernährung, 8. Auflage, 2020
(4) https://www.bio.uni-frankfurt.de/43969858/Forschung
(5) van Ohlen, Pieris rapae und das Glucosinolat-Myrosinase-System: Cyanidentgiftung und Lepidoptera, 2014
(7) Zimmermann, Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe, 3. Auflage, 2006
(8) Watzl und Leitzmann, Bioaktive Substanzen in Lebensmitteln, 3. Auflage, 2005
(9) Hübner, Komplementäre Onkologie, 2008
(10) Leitzmann et al., Ernährung in Prävention und Therapie, 3. Auflage, 2009
(11) Münstedt, Ratgeber komplementäre und alternative Krebstherapien, 3. Auflage, 2012
Bild-Quellen:
(12) https://unsplash.com/s/photos/red-yellow-orange-vegetables