Kaum ein Thema im Bereich Ernährung und Gesundheit hat in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit generiert wie das Intervallfasten. Während es von einigen Seiten vor allem mit Blick auf eine erwünschte Gewichtsreduktion beleuchtet wird, versprechen andere Quellen weitreichende gesundheitliche Vorteile, wie zum Beispiel eine Prävention, also Vorbeugung von Krebserkrankungen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Demenz.
Was genau ist aber eigentlich Intervallfasten? Welche verschiedenen Formen des Intervallfastens existieren aktuell? Gibt es Belege für die so zahlreich angepriesenen Vorteile? Und ist diese Methode für Jede:n wirklich unbedenklich? Im folgenden Artikel werden diese Fragen auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Intervallfasten genauer beleuchtet.
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Intervallfasten oder auch intermittierendes Fasten ist eine Methode des Fastens, bei der für bestimmte, definierte Zeiträume am Tag oder in der Woche bewusst auf Nahrung verzichtet wird. Außerhalb dieser, für das Fasten bestimmten Zeitfenster, darf ohne Einschränkungen gegessen werden. Beliebte Auslegungen des Intervallfastens sind zum Beispiel die 16 : 8 Methode, bei der an 16 Stunden eines Tages gefastet und während eines achtstündigen Zeitraums gegessen werden darf.
Auch das 5 : 2 Fasten ist eine populäre Art des Intervallfastens; hierbei wird an zwei Tagen pro Woche gefastet, also nur Wasser oder ungesüßter Tee getrunken, und an den restlichen fünf Tagen uneingeschränkt gegessen.
Prof. Dr. Stephan Herzig, Leiter des Instituts „Diabetes und Krebs“ am Helmholtz-Zentrum München, erklärt es auf der Website des Helmholtz Instituts folgendermaßen: „Beim Hungern werde vom Zuckerstoffwechsel auf den Fettstoffwechsel umgestellt (…), die (Fett-)Pölsterchen schrumpften. Die interne Müllabfuhr, die so genannte Autophagie werde aktiviert, wobei es zum Abbau von defekten oder schadhaften Molekülen käme“, was Herzig mit einer Art Entgiftung vergleicht.
Auch am Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke konnten die Vorteile des Intervallfastens an Mäusen gezeigt werden. Annette Schürmann, die Leiterin der Abteilung für Experimentelle Diabetologie, erklärt: Die Mäuse konnten viel besser zwischen dem Zucker- und Fettstoffwechsel hin und herschalten; ihr gesamter Fettstoffwechsel sei verbessert und sie reagierten wieder empfindlicher auf das Hormon Insulin, welches den Blutzuckerspiegel kontrolliert. Schürmann kommt sogar zu dem Schluss, dass „ bei dicken Mäusen, die bereits eine Insulinresistenz entwickelt hätten, diese sich durch das Fasten wieder zurückentwickelte, und dass das Intervallfasten dabei helfe, eine Diabetes-Typ 2-Erkrankung zu verhindern“.
Bei all diesen gesundheitlichen Vorteilen, die das Intervallfasten mit sich bringt ist jedoch wichtig festzuhalten, dass es noch keine Studien zur Langzeitwirkung an Menschen zu dieser Methode gibt und beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) es nicht für eine geeignete Methode zur langfristigen Gewichtsregulation hält
Hierauf muss mit einem klaren „Nein“ geantwortet werden. Personen, die an einem Diabetes Mellitus Typ 1, also einem Insulinmangel leiden, ist vor allem von der 5 : 2 Methode dringend abzuraten, da sie mit einem hohen Risiko einer gefährlichen Unterzuckerung einhergeht. Allgemein sollten Diabetiker:innen nur nach Rücksprache mit ihrem Arzt und unter eventuell engmaschigen Kontrollen mit dem Intervallfasten beginnen, oder eine mit ihrer Erkrankung besser vereinbare Abnehm-Methode wählen.
Auch für Schwangere, Stillende, Kinder und Personen mit einer Essstörung ist das Intervallfasten grundsätzlich nicht geeignet. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich immer, sich vor einer derart großen Lebensstiländerung vom eigenen Hausarzt beraten zu lassen.
Die Vorteile des Intervallfastens, gerade im Vergleich zu anderen Diäten, liegen auf der Hand: Intermittierendes Fasten punktet vor allem mit der einfachen Umsetzbarkeit im Alltag. Während bei einigen speziellen Diätformen besonders viel Aufwand, in Form von Kalorienzählen oder dem Zubereiten spezieller Gerichte, betrieben werden muss, welcher sich oft nur schwer in einen stressigen Alltags- und Arbeitsleben integrieren lässt, fällt dies beim Intervallfasten gänzlich weg. Zwar müssen hierbei bestimmte Zeitfenster beim Essen eingehalten werden, dennoch müssen weder Kalorien gezählt, noch bestimmte Ernährungspläne umgesetzt werden.
Wer nicht nur für sich selbst, sondern auch für den oder die Partner:in oder gar eine ganze Familie kocht, muss beim Intervallfasten keine extra diätkonformen Mahlzeiten für sich selbst kochen, sondern kann während des vorgesehenen Zeitraums ganz normal zusammen mit der Familie essen. Auch die Umsetzbarkeit mit Blick auf das soziale Umfeld ist deutlich einfacher als bei den meisten herkömmlichen Diäten: Ein spontaner Café-Besuch mit Freund:innen ist bei strengen Diätplänen meist nicht möglich, oder nur, solange man selbst nichts isst. Fällt dieses Treffen beim Intervallfasten jedoch in das Essens-Zeitfenster, so kann ohne schlechtes Gewissen ein Stück Kuchen mit den Freunden genossen werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, den es beim Thema Abnehmen zu berücksichtigen gilt, ist das Essverhalten. Während einem die immer weiter steigende Zahl übergewichtiger und adipöser Menschen in Deutschland seit Jahren ins Auge sticht, muss auch die Tatsache berücksichtigt werden, dass sich vor allem das Essverhalten der jüngeren Generationen stark verändert hat.
In der 2019 vom Snacking-Anbieter Mondelez International in Auftrag gegebenen „State of Snacking“ Studie vom Marktforschungsinstitut The Harris Poll wurde das Snacking-Verhalten in 12 Ländern in Europa, Nordamerika, Lateinamerika und Asien untersucht. Dabei fiel besonders auf, dass 63% der 18- bis 38-Jährigen das Konsumieren von Snacks als Teil ihres Lebensstils beschreiben und der Meinung sind, Snacks passten viel besser zu ihrem Lebensstil als große Mahlzeiten. Gerade dieser Trend kann jedoch gefährliche Folgen für das Körpergewicht haben, denn bei den vielen scheinbar kleinen Zwischenmahlzeiten, die zum Teil auch noch unbewusst neben der Arbeit am Computer verzehrt werden, ist es einfach, den Überblick zu verlieren und viel mehr Kalorien zuzuführen, als bei einer großen Mahlzeit, die bewusst und bestenfalls am Tisch eingenommen wird.
Wer zwar gesund kocht, aber ständig zu Süßigkeiten, Chips und Knabbergebäck greift, kann sich trotz der ausgewogenen Hauptmahlzeiten leicht zu viel Energie zuführen und Schwierigkeiten mit dem Gewicht bekommen. Intervallfasten kann gerade in einem solchen Fall eine passende Lösung zum Abnehmen oder für einen gesünderen Lebensstil darstellen. Denn wenn die zum Beispiel acht Stunden, in denen gegessen wird, vorbei sind, dann darf auch nicht mehr gesnackt werden und es kann eine klare Schlusslinie beim Essen gezogen werden.
Man sollte jedoch auch beim Intervallfasten nicht vergessen, dass hinter dem Thema Zu- und Abnehmen eine recht simple Rechnung steht: Werden mehr Kalorien, also mehr Energie zugeführt, als verbraucht werden, so nimmt man zu. Ist man andersherum in einem Energiedefizit, so nimmt man an Gewicht ab. Isst man also trotz des Intervallfastens während des vorgesehenen Zeitraums bedenkenlos Unmengen an hochkalorischen Lebensmitteln, sodass man am Ende des Tages mehr Energie zu sich genommen, als verbraucht hat, kann man nicht mit einem Gewichtsverlust rechnen.
Zudem muss an dieser Stelle klar erwähnt werden, dass es für die langfristige Gewichtsabnahme von Menschen durch das Intervallfasten keine Beweise durch Studienergebnisse gibt. Die 2020 in JAMA Inter Med. veröffentlichte „TREAT-Studie“ (Effects of Time-Restricted Eating on Weight Loss and Other Metabolic Parameters in Women and Men With Overweight and Obesity – The TREAT Randomized Clinical Tria), welche die Effekte des Intervallfastens bezüglich der Gewichtsabnahme an 116 übergewichtigen oder adipösen Personen über 12 Wochen untersuchte, konnte erneut weder bezüglich des Körpergewichtsverlusts, noch hinsichtlich metabolischer Parameter wie dem Insulinspiegel oder den Blutfettwerten, signifikanten Unterschiede zwischen den Teilnehmer:innen, die während der Studiendauer Intervallfasten praktizierten, und der Kontrollgruppe, die ohne zeitliche Einschränkungen as feststellen.
Während also an Mäusen die positiven Auswirkungen des Intervallfastens klar belegbar sind, scheint es nach dem aktuellsten Stand der Wissenschaft so, als könnte man dies beim Menschen nicht nachweisen.
Dennoch kann das Intervallfasten eine alltagstaugliche Methode zum Abnehmen und für einen bewussteren Lebensstil sein. Wichtig ist, dass es trotz des Fastens nicht zum Überschreiten des Energiebedarfs kommt. Abgesehen von dem möglichen Ziel einer Gewichtsabnahme kann man auch davon ausgehen, dass das Fasten weitreichende positive Auswirkungen auf den Stoffwechsel hat, selbst wenn sich die Ergebnisse aus den Mausexperimenten nicht 1:1 auf den Menschen übertragen lassen.
Gerade wenn man dazu neigt, häufig und unbewusst zu essen, kann es hilfreich sein, sich beispielsweise im Rahmen des Intervallfastens bewusst Zeit für Mahlzeiten zu nehmen und das Essen wieder mehr zu genießen.
Text-Quellen:
(1) Nadine Eckert: „Intervallfasten: Essen mit Blick auf die Uhr“, Deutsches Ärzteblatt 5/2019
(2) Anja Sokolow: „Was bringt Intervallfasten?“, Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., 02.01.2020, https://www.helmholtz.de/gesundheit/was-bringt-intervallfasten/ (Stand: 04.10.2021)
(3) Nilofar Eschborn: „Mondelez-Studie: So snacken die Deutschen“, Rundschau für den Lebensmittelhandel, 14.11.2019
(4) Dylan A. Lowe, Nancy Wu, Linnea Rohdin-Bibby; et al: „Effects of Time-Restricted Eating on Weight Loss and Other Metabolic Parameters in Women and Men With Overweight and Obesity
(5) The TREAT Randomized Clinical Trial“, JAMA Network, 28.09.2020 (https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/fullarticle/2771095) (Stand: 05.10.2021)