Enzyme sind Proteine, die in allen Organismen vorkommen. Sie arbeiten als Biokatalysatoren, was bedeutet, dass sie chemische Prozesse „katalysieren“ oder beschleunigen, ohne dabei selbst verändert zu werden. Anstatt Stunden oder sogar Tage zu warten, bis eine Reaktion spontan abläuft, können Enzyme diese um ein Vielfaches beschleunigen und viele Reaktionen in weniger als einer Sekunde durchführen. Sie sind in jeder Körperzelle enthalten und unerlässlich für alle Körperfunktionen. Im Hinblick auf die Nahrungsaufnahme haben Enzyme die Aufgabe, Nährstoffe aus den Lebensmitteln aufzuschlüsseln und damit verwertbarer zu machen. Dabei wirken die ersten Verdauungsenzyme schon als Bestandteile des Speichels im Mund. Enzyme kommen außerdem bei der Produktion von Nahrungsmitteln zum Einsatz, etwa bei der Gärung oder beim Backen, und neuerdings als potentielle Kandidaten für den Umweltschutz.
Unsere Facts-to-go kurz & knapp für Dich zusammengefasst!
Wie jedes Protein werden auch Enzyme aus Aminosäuren aufgebaut. In der Natur gibt es etwa 20 verschiedene Arten von Aminosäuren. Die unterschiedliche Kombination der Aminosäuren beim Aufbau von Enzymen variiert stark von Enzym zu Enzym und definiert deren Eigenschaften. Manche bestehen vielleicht nur aus 50 Aminosäuren, andere aus mehr als 200. Deshalb gibt es in der Natur Millionen von verschiedenen Proteinen, jedes mit einer bestimmten Aminosäuresequenz. Das Wichtigste ist jedoch, dass die Aminosäuresequenz eines Enzyms seine Form bestimmt. Und seine Form bestimmt seine Funktion.
Wie wir bereits erwähnt haben, besteht die Funktion von Enzymen darin, chemische Reaktionen zu katalysieren. Ein Katalysator ist ein Stoff, der die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion erhöht, ohne von der Reaktion verbraucht zu werden. Enzyme katalysieren alle Reaktionen, die in lebenden Organismen stattfinden, und diese Reaktionen können unterschiedlicher Art sein, wie z. B. die Bildung oder der Abbau von Produkten der Verdauung.
Um den Prozess besser zu verstehen, stellen wir uns einen Schlüssel und ein Schloss vor. Die durch das Enzym beschleunigte Reaktion findet im Inneren des Enzyms statt, auch bezeichnet als „aktive Stelle“ – für uns ist es das Schloss. Der Stoff, der im aktiven Zentrum gebunden wird, ist das „Substrat“ – der Schlüssel. Das „Substrat“ interagiert mit der „aktiven Stelle“ wie der Schlüssel mit dem Schloss, bis die chemischen Veränderungen stattgefunden haben. Nur bestimme Substrate „passen“ in das aktive Zentrum. Ist die Reaktion beendet, wird das gebildete Produkt freigesetzt und das freie Enzym kann sich an ein neues Substrat binden, wodurch die ganze Reaktion von vorne beginnt.
Die Bildung von Enzymen erfolgt – wie bei allen Proteinen – nach Proteinbauplänen auf der DNA. Die Bauanleitung wird von der DNA abgelesen und kopiert, und als sogenannte mRNA (messenger-RNA) aus dem Zellkern zu den Ribosomen, dem Ort der Proteinbildung, transportiert. In der Zelle haben Enzyme normalerweise ihren festen „Ort des Geschehens“ so z.B. die Enzyme der Glykolyse im Zellplasma, die Enzyme des Citratzyklus in den Mitochondrien, die Enzyme der DNA-Bildung und -Reparatur im Zellkern. Innerhalb der einzelnen „Kompartimente“ unterscheidet man zwischen löslichen, d.h. frei herumschwimmenden, und solchen, die verankert sind, wie z.B. die in der Mitochondrienmembran lokalisierten Enzyme der Atmungskette. Außerdem gibt es Enyzme, die von der Zelle ausgeschüttet werden, um Funktionen außerhalb der Zelle nachzugehen. Dies gilt zum Beispiel für Verdauungsenzyme, die aus Zellen d. Magens, der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase ausgeschüttet werden, um im Speisebrei die Nährstoffe aufzuspalten.
Enzyme können nur unter bestimmten Bedingungen arbeiten. Die meisten Enzyme im menschlichen Körper arbeiten am besten bei etwa 37 °C – Körpertemperatur. Bei niedrigeren Temperaturen arbeiten sie zwar noch, aber viel langsamer. Ähnlich können Enzyme nur in einem bestimmten pH-Bereich (sauer/alkalisch) arbeiten. Ihre Vorliebe hängt davon ab, wo im Körper sie sich befinden. Zum Beispiel arbeiten Enzyme im Darm am besten bei einem pH-Wert von 7,5, während Enzyme im Magen am besten bei einem pH-Wert von 2 arbeiten, da der Magen viel saurer ist. Wenn die Temperatur zu hoch oder die Umgebung zu sauer oder alkalisch ist, verändert das Enzym seine Form; dadurch wird die Form der aktiven Stelle so verändert, dass Substrate nicht mehr daran binden können – das Enzym ist funktionslos.
Wie bereits erwähnt, spielen Enzyme eine sehr wichtige Rolle, indem sie chemische Reaktionen in unserem Körper beschleunigen, wie zum Beispiel den Abbau von Laktose.
Aber das ist nur ein Beispiel für die Millionen von Möglichkeiten, die es gibt. Neben sehr technischen Anwendungen haben Wissenschaftler diese Biomoleküle auch in der Industrie eingesetzt, um alle Arten von Produkten herzustellen. Heutzutage sind sie zu finden in:
Die bekanntesten Beispiele sind Verdauungsenzyme. Der menschliche Körper produziert 22 Verdauungsenzyme, die in drei Hauptgruppen unterteilt werden: Proteasen, Amylasen und Lipasen. Proteasen helfen uns, Nahrungsproteine aufzuspalten, Amylasen verdauen Kohlenhydrate und Lipasen bauen Fette ab. Aber auch Lebensmittel, die wir aufnehmen – vor allem die pflanzlicher Herkunft – enthalten eigene Enzyme, die unsere Verdauungsenzyme unterstützen. Dazu gehören beispielsweise Cellulasen, die die eigentlich unverdaulichen Ballaststoffe aufspalten und somit leichter verdaulich machen.
Jeder von uns produziert unterschiedliche Mengen an Enzymen, abhängig von unseren Genen, unserer Ernährung, unserem Lebensstil, unserem Geschlecht, unserem Alter oder Krankheiten wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Zöliakie. Wenn diese Enzyme alle in der richtigen Menge gebildet werden, erfolgt die Verdauung einwandfrei, aber was passiert, wenn wir zu wenige Darmenzyme produzieren? Mit zunehmendem Alter nimmt die Produktion von Verdauungsenzymen ab. Ein Mangel an Verdauungsenzymen kann mit Beschwerden wie Blähungen, Völlegefühl, Sodbrennen und Durchfall in Verbindung gebracht werden. Bestimmt habt ihr schon von dem Enzym Lactase gehört, das bei Laktoseintoleranz Mangelware ist. Laut Bundeszentrum für Ernährung sind rund 15% der Deutschen laktoseintolerant. Die Lactase wird natürlicherweise im Verdauungstrakt produziert, aber da die Produktion im Erwachsenenalter abnimmt, sind viele Erwachsene nicht in der Lage, Laktose effektiv zu verdauen. Dies kann so zu einer Laktoseintoleranz führen, bei der die unverdaute Laktose von Darmbakterien fermentiert wird und Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall und Blähungen verursacht.
Ohne Enzyme läuft bei der Herstellung von Lebensmitteln so gut wie gar nichts: sie sind in fast allen verarbeiteten Erzeugnissen enthalten. Enzyme lassen Milch zu Käse gerinnen, lockern Brot oder geben Kakao– und Kaffeebohnen ihren typischen Geschmack. Auch in der Textil– und Papierherstellung, in der Umwelttechnik oder als Waschmittelzusatz finden sie Anwendung. Etwa 80 Prozent aller in der Lebensmittelindustrie eingesetzten Enzyme werden mit Hilfe von Gentechnik produziert. Die meisten Enzyme werden als sogenannte technische Hilfsstoffe eingesetzt und müssen daher bislang weder zugelassen noch in der Zutatenliste deklariert werden. Ausnahmen sind Enzyme, die auch im Endprodukt noch Wirkung entfalten, wie die in Eiscreme oder Schokolade enthaltene Invertase oder Lysozym in Käse.
Natürlicherweise sind Ananas, Bananen, Sojasprossen, Papaya, Mango, Weintrauben, Melonen, Äpfel, Kiwis, Avocados, Ingwer und Sauerkraut reich an Enzymen. Dem Bromelain in der Ananas und den Proteasen in der Papaya werden diverse positive Effekte für die Gesundheit nachgesagt. So sollen sie entzündungshemmend, gerinnungshemmend und verdauungsfördernd wirken. Ob und wie stark ihre behaupteten Wirkweisen eintreten, ist wissenschaftlich umstritten. Die Enzyme der Ananas kurbeln jedoch nachweislich nicht die Fettverbrennung an, wie oft behauptet wird.
Verdauungsenzyme, die in modernen Nahrungsergänzungsmitteln zu finden sind, werden hauptsächlich aus Pilzen und Bakterien gewonnen. Ein Nahrungsergänzungsmittel mit Verdauungsenzymen kann die Verdauung von Fetten, Kohlenhydraten und Proteinen verbessern. Wusstet ihr, dass Milchprodukte mithilfe von Enzymen laktosefrei werden? Zur Herstellung laktosefreier Milch wird ganz normaler Milch das Enzym Lactase zugegegeben, welches den Milchzucker in Glukose und Galaktose aufspaltet. Da diese beiden Einfachzucker süßer sind als der Zweifachzucker Laktose, schmeckt laktosefreie Milch süßer als herkömmliche Milch.
Zusätzlich gibt es neuerdings Nahrungsergänzungsmittel, die Cellulasen enthalten. Cellulase spaltet Cellulose, einen Pflanzenfaserstoff, der in jedem Obst und Gemüse vorkommt. Cellulose ist der Hauptbestandteil der pflanzlichen Zellwände und ist extrem stark und zäh. Der Mensch kann Cellulase nicht selbst produzieren und ist stattdessen auf die Fermentation von Cellulose durch Darmbakterien im Dickdarm angewiesen. Gerade bei pflanzlich-basierter, ballaststoffreicher Kost soll die Cellulose bei der Verdauung helfen und häufige Verdauungssymptome wie Blähungen minimieren.
Es lässt sich nicht leugnen, dass eine der größten Herausforderungen, vor denen die Welt heute steht, der Kampf gegen den Klimawandel ist. Kein Wunder, dass die UN im Jahr 2015 eine Liste mit nachhaltigen Entwicklungszielen aufgestellt hat, die sich speziell auf klimarelevante Themen und verantwortungsvolle Produktion konzentrieren.
Was viele Menschen nicht wissen, ist, dass der Einsatz von Enzymen auf industrieller Ebene einen großen Unterschied in der Art und Weise machen kann, wie Unternehmen arbeiten, und somit einen signifikanten und positiven Einfluss auf die Umwelt hat. Warum ist das so? Einige Vorteile der Verwendung von Enzymen sind:
Darüber hinaus und laut OECD liegt das Potenzial zur Abschwächung des Klimawandels durch biotechnologische Prozesse und biobasierte Produkte (in denen verbesserte Enzyme, die im chemischen Sektor eingesetzt werden, enthalten sind) „zwischen 1 Milliarde und 2,5 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr bis 2030„.
Text-Quellen:
(2) Lehninger Principles of Biochemistry, 5th Edition. L Nelson and M.M Cox (2008)
(3) Neitzel, J. J. (2010) Enzyme Catalysis: The Serine Proteases . Nature Education 3(9):21
(7) https://www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungswissen/gesundheit/unvertraeglichkeiten-frei-von-im-trend/laktoseintoleranz/
Bild-Quellen:
(8) https://www.hoffmeister.it/index.php/freies-biologiebuch-fuer-schueler-und-studenten/114-freies-lehrbuch-biologie-08-13-aminosaeuren-eiweisse-enzyme-und-die-biokatalyse
(9) https://studyflix.de/biologie/enzyme-2662
(10) https://www.freepik.com/search?dates=any&format=search&page=1&query=milk&selection=1&sort=popular